Donnerstag, 12. Mai 2011

Leo Africanus - Mittler zwischen Islam und Christentum

Es ist erstaunlich wie langsam die Welt sich wandelt. In der Technik ist der Fortschritt rasant und wird immer schneller, was von der Entwicklung der Menschheit nicht behauptet werden kann. Das Verhältnis zwischen Islam und Christentum hat sich nicht verbessert. Die islamische Welt und der Westen pflegen seit Jahrhunderten die hohe Kunst aneinander vorbei zu reden.

Vor fast fünfhundert Jahren wurde der marokkanische Gesandte Al Hasan ibn Muhammad Al-Wazzan unfreiwillig zum Mittler zwischen Kulturen. Im Mittelmeer von Piraten gefangen genommen und an den Papst nach Rom verkauft, konvertierte Al-Wazzan zum Christentum und nannte sich fortan Leo Africanus. So entging er Sklaverei und Tod, war aber auf absehbare Zeit im Dar al-Harb, dem Land des Krieges, beziehungsweise der christlichen Welt gestrandet.
Al-Wazzan oder Leo Africanus machte das Beste aus seiner Situation. Statt als hochrangiger islamischer Konvertit am Hof des Papstes ein wandelndes Kuriosum zu sein, arbeitete er zusammen mit christlichen und jüdischen Gelehrten unter anderem an einem Arabisch-Wörterbuch, einer Koranübersetzung und veröffentlichte eine „Beschreibung Afrikas“.


Inzwischen leben Millionen Muslime in christlichen Ländern und Millionen Christen in Muslimischen. Was aber die Kommunikation zwischen den Religionen anbelangt, so hat sich in der Öffentlichkeit kaum etwas geändert. Hüben wie Drüben wird übereinander geredet, aber selten bis gar nicht miteinander, wie vor fünfhundert Jahren, als der Gesandte Al-Wazzan wider seines Willen zum Botschafter arabischer Kultur und des Islam wurde.

Noch Anfang der 90er war Betty Mahoudys so genannter Erfahrungsbericht Nicht ohne meine Tochter ein Erfolg als Buch und Film. Sie beschreibt darin zum Beispiel, dass Iraner sich einmal im Jahr, zu Neujahr, waschen.
Letztes Jahr gab es in einigen islamischen Ländern heftige Proteste gegen Islamfeindlichkeit in Deutschland, nachdem die Ägypterin Marwa el-Sherbini in einem Dresdner Gerichtssaal grausam ermordet worden war. Dass das Gericht im Begriff gewesen war den späteren Mörder wegen Beleidigung Marwa el-Sherbinis zu verurteilen, ist in den islamischen Medien größtenteils untergegangen.
Als der katholische Kardinal Lehmann, der lutherische Kirchenpräsident Steinacker und der muslimische Essayist Navid Kermani den hessischen Kulturpreis erhalten sollten, verweigerten die beiden christlichen Geistlichen die Annahme. Kermanis kritische Auseinandersetzung mit christlichen Kreuzdarstellungen, erschienen in der Neue Züricher Zeitung, war von ihnen als Beleidigung aufgefasst worden.


Als 1517 aus dem Muslim Al-Wazzan der Christ Leo Africanus wurde, war so ein Ausmaß an Ignoranz gegenüber Kulturen und Religionen noch erklärbar. Reisen war ein Abenteuer, die Weltkarte übersäht mit weißen Flecken und der Informationfluß war ein träges, ständig stockendes Rinnsal. Heute ist es schwerer zu verstehen, warum immer noch Vorurteile dominieren.


Die Historikerin Natalie Zemon Davis (Die wahrhaftige Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre) zeichnet die Lebensgeschichte von Al Hasan ibn Muhammad Al-Wazzan, alias Giovanni Leone „Africanus“ di Medici anhand von spärlichen Quellen, zeitgenössischen Lebensläufen und literarischen Querverweisen nach. Dadurch rekonstruiert sie nicht nur die Biographie eines unfreiwilligen Wanderers zwischen zwei Welten, sie entwirft auch ein Bild des islamischen Nordafrika und Italiens zur Zeit der Renaissance und zeigt Berührungspunkte zwischen den beiden Kulturen auf.


.Natalie Zemon Davis
Leo Africanus – Ein Reisender zwischen Orient und Okzident.
Verlag Klaus Wagenbach.
397 Seiten, 38 Euro.

Montag, 9. Mai 2011

Hingesudelt 09. Mai 2011


Früher stand am Ende der Zeit der Tod, weshalb das Verstreichen derselben als bedrohlich empfunden wurde. Zur Grundausstattung eines Sensenmannes gehörte demnach neben der obligatorischen Sense eine Sanduhr. Mehr noch als die Sense, war das Stundenglas der Dienstausweis des Schnitters, mit dem er seinem Opfer versicherte, dass zwar die gestundete Zeit abgelaufen, das letzte Stündlein geschlagen habe, sein Auftauchen aber keine Willkür sei. Das Erscheinen des Schnitters folgte einem geheimen, unfassbaren Plan.
Die Zeiten haben sich geändert und damit auch die Zeit. Der Sensenmann ist mitsamt geheimen Plan im Ruhestand und vom Stundenglas geht nur noch Ungemach aus, wenn man auf das Laden eines Computerprogrammes wartet.
Das Verstreichen der Zeit ist inzwischen das, was die Gegenwart von der Zukunft trennt, die wir ungeduldig erwarten.

Die Zukunft vor der Türe ist die digitale Gesellschaft, in der soziale Kontakte, Wissen und Arbeit über das Internet abgewickelt werden. Wir lieben, wir weinen online, wir werden online beklaut. Es wird eine Zukunft werden, in der die Wahl des besten Browsers eine Abwägungssache ist wie jetzt die des richtigen Autos, denn die Datenautobahnen werden wichtiger werden als die aus Asphalt.
Wenn wir uns einmal länger hinaus begeben in die analoge Welt, in ein Fischerdorf auf Kreta, verspüren wir bald einen Phantomschmerz. Und wirklich, wir haben ein Glied verloren, ein digitales, uns von der Community entkoppelt.
Wir sitzen in einem Fischrestaurant, blicken hinaus aufs blaue Meer und können uns des irrationalen Gefühls nicht erwehren, wir befänden uns auf unbekanntem, vielleicht gar feindlichem Terrain.
Dann, plötzlich, zwei fremde Augen, ein kurzer Blick aus braunen Augen, grüne Lider. Schon ist die kretische Schönheit vorüber und uns bleibt nur ein fliehender Rocksaum und braune Waden. Schon greift die Hand nach dem Smartphone auf dem Tisch, doch der flüchtige Augenblick läßt sich nicht twittern, mit niemandem auf facebook teilen. Das Fischerdorf ist nicht online und wir sind frustriert, ob der Tücken der nichtvorhandenen Technik und einem unausgelebten Mitteilungsdrang.
Da sitzen wir also allein mit einem Augenblick des Glücks, dessen Genuß uns versagt blieb, weil wir ihn festzuhalten versuchten.

Dienstag, 26. April 2011

Mit der Pferdekutsche in die Zukunft

Die Ära der Zeitung aus Papier scheint am Ende. Der Onlinezeitung ist aber nicht gelungen die Nachfolge anzutreten. Jetzt soll der iPad das Erbe der Tageszeitung antreten, der Tablet-PC den Journalismus ins digitale Zeitalter führen.

Die Zeitung ist tot, heißt es. Verglichen mit Onlineproduktionen wirkt sie in etwa so modern wie die Pferdekutsche im Vergleich zum Automobil.
Umsatzrückgänge auf dem Anzeigenmarkt, kontinuierliche Auflagenverluste und rückgängige Abonnementenzahlen, das gedruckte Wort ist der kranke Mann der Medienlandschaft.
Wenn sich die digitale Gesellschaft jetzt ins Kleine Schwarze zwängt, Sneaker gegen Lackschuhe tauscht und Krawattenknoten googelt, wird die fröhliche Trauergemeinde auf dem Friedhof eine Enttäuschung erleben. Die Zeitung lässt sich ebenso wenig auf bloßen Zuruf hin beerdigen wie Gott.

Die Zeitung lebt und wird leben, weil nichts in der Lage ist sie zu beerben. Zwar hat jede Zeitung eine Onlineausgabe, aber die ist nahezu identisch mit der Printausgabe und komplementär zu ihr konzipiert. Damit die Onlineausgabe sich aus dem Schatten des gedruckten Wortes löst, muss sie ein eigenständiges Produkt mit deutlichen Stärken gegenüber dem Papier werden. Erst wenn der Leser sagt: „Ich lese die Onlinzeitung xy.“ statt „Ich lese die xy Zeitung online.“ kann sie eine echte Konkurrenz werden.
Die Technik hierfür ist längst da. Links im Artikel können aus einer Nachricht ein Thema werden lassen, durch Foren könnten Leser und Redaktion interagieren, Clips, Bildergalerien oder interaktive Grafiken die Artikel multimedial werden lassen. Tatsächlich findet von alledem wenig statt. Den Onlineausgaben ist oft immer noch anzumerken, dass sie ins Internet gestellt wurden, um Präsenz zu zeigen.

Manchem Verleger scheint es, als sei der Tablet-PC die Antwort auf die Frage, wer die Zeitung beerben soll. Er löst das Problem der Lesbarkeit von Onlineartikeln durch eine Handlichkeit, die dem PC und Laptop abging. Er bietet technisch noch mehr Möglichkeiten, eine neue Sinnlichkeit des Lesens. „Das explorative Wühlen in Inhalten mit unseren Fingern und Händen“ auf dem Touchpad, schwärmten Littger & Kircher in der Süddeutschen Zeitung.
Der entscheidende Punkt für Verleger ist aber, weshalb es Aufrufe zum abendlichen Dankgebet an Steve Jobs gibt, dass Apple die anarchische digitale Gesellschaft dazu erzogen hat im Internet für Inhalte wieder zu bezahlen.
Damit aber die Onlinezeitung auf dem Tablet-PC nicht dasselbe Schicksal erleidet wie ihre Vorgängerin, muss es gelingen technisch Machbares und inhaltlich Sinnvolles zusammenzubringen. Die Frage ist nicht, wie bringt man eine interaktive Grafik in einem Artikel unter, sondern wozu.

Selbst wenn Verleger aufhörten an ihren Redaktionen zu sparen, wird der iPad die Zeitung nicht ersetzen. Es gibt nicht genug Leser für den Multimediajournalismus der Zukunft, abgesehen davon, dass es auch noch nicht genug Journalisten dafür gibt.
Es ist müßig sich darüber lustig zu machen, wenn Leute vom morgendlichen Zeitungsleseritual nicht lassen möchten, über Aussagen wie: Ich mag den Geruch von Druckerschwärze und frischen Brötchen am Morgen. Solange die Menschen, die so empfinden in der Mehrheit sind, solange wird die Zeitung der Onlinezeitung voraus sein. Das kann man als rückständig empfinden, fortschrittsfeindlich, man kann auch mit dem Fuß auf den Boden aufstampfen. Es ändert nichts. Wenn jemand am Morgen lieber mit Papier raschelt als sich mit Händen und Fingern durch Inhalte zu wühlen, dann ist das legitim.
Das digitale Zeitalter wird auch nicht schneller kommen, wenn man behauptet, dass der Leser von heute ungeduldiger geworden ist und deshalb ein neuer Journalismus nötig sei, der natürlich nur online zu realisieren ist.
Die „Leser haben keine Lust mehr auf viele Seiten Journalismus auf Papier zu lesen.“ Dafür müsste man sich konzentrieren können „und imstande sein über viele Absätze argumentativ einem Punkt zu folgen, den ein Autor machen möchte. Bevor das gelingt, fallen vielen Menschen vorher die Augen zu.“ Abgesehen davon, dass Littger & Kircher die zeitlose und vom Medium unabhängige Reaktion auf schlecht geschriebene Artikel beschreiben, beweisen 500 Millionen verkaufte Harry Potter Romane, dass der Leser von heute durchaus Willens und in der Lage ist einer Geschichte auf über 4000 zweidimensionalen Druckseiten zu folgen.

Die Zukunft der Zeitung ist die Vergangenheit. Es wird zunehmend sinnloser die Neuigkeiten von gestern morgen wiederzukäuen. Eklatantes Beispiel sind Beschreibungen von Fußballspielen vom Samstag in der Zeitungsausgabe vom Montag. Über das Wochenende verteilt sind die Ausschnitte der Bundesligapartien mindestens ein halbes Dutzend Mal zu sehen gewesen. Da ist eine Nacherzählung auf Papier überflüssig – es sei denn, der Spielverlauf hätte eine Bedeutung über das Ergebnis hinaus.
Die Zukunft der Zeitung liegt nicht im Bericht über Ereignisse, sondern in ihrer Einordnung, Bewertung und Erläuterung. Die Online Zeitung, das Fernsehen oder Radio informieren uns darüber, dass Häftlinge aus einem Gefängnis in Kandahar geflohen sind. Die Printausgabe sollte uns erklären wer geflohen ist, wie die Situation in Kandahar ist und ob die Sicherheitslage in Afghanistan realistisch einen baldigen Abzug deutscher Soldaten zulässt.
Die Gegenwart verlangt nach einem dreigliedrigen Zeitungsmodell. Die klassische Tageszeitung entschleunigt den Leser. Sie gefällt durch Kolumnen, Kommentare und Glossen von literarischer Qualität, berichtet von den Hintergründen eines Geschehens und hilft dem Leser es zu bewerten.
Die Onlinezeitung informiert den Leser aktuell und prägnant über das Tagesgeschehen und die Ausgabe auf dem Tablet-PC brilliert in ausgewählten Artikeln durch Multimedialität.
Egal welchem Medium der Verleger den Vorzug geben wird, er wird den Kampf gegen Leserschwund nicht gewinnen, wenn er an der Redaktion spart. Darin sind sich schließlich alle einig, die Macher konventioneller Zeitung, deren Produkt sich auch als Hut zum Anstreichen verwenden lässt, und die Macher digitaler Zauberwelten: Gute Artikel werden über die Zukunft der Zeitungen entscheiden. Daran hat sich in den letzten zweihundert Jahren nichts geändert.

Donnerstag, 7. April 2011

Von Sand und Datteln


Es war einmal ein Land, in dem es nichts gab außer Sonne, Sand und Steinen und hin und wieder einer Wasserstelle mit ein paar Dattelbäumen.
Unter solchen Dattelbäumen saß Muhammad ibn Saud und träumte davon mehr zu sein, als Herr über ein Wasserloch, das sich Kamele, Schafe und Menschen teilen.

Zur selben Zeit blickte Muhammad Abd al-Wahhab voll Zorn zurück nach Basra. Zornig und wütend sein war für Abd al-Wahhab nichts Neues. Groß gewachsen, mit langem Bart und sehr hager waren ihm Wut und Zorn wie Wasser und Brot. Abd al-Wahhab wurde zornig, wenn er jemanden singen hörte, er wurde zornig, wenn er jemanden tanzen sah, wenn jemand einen Strauß Blumen in Händen hielt oder eine Frau berührte. Er wurde wütend, wenn er Zeuge wurde wie jemand auf den Propheten schwor oder einen Zettel mit geheimen Wünschen an einen Baum pinnte.
Sehr zum Missfallen der Einwohner von Basra begann Abd al-Wahhab gegen das Singen und Tanzen zu predigen. Nicht, dass nicht immer mal wieder ein Prediger derartige Formen der Dekadenz anprangerte, aber es nervte schon. Richtig wütend wurden die Einwohner von Basra dann, als Abd al-Wahhab kurzerhand die Bäume zu fällen begann, denen man seine Herzenswünsche anvertraute. Man verwies ihn und seine Anhänger der Stadt.
Das war eine neue Erfahrung für Abd al-Wahhab. Er sollte sich schon bald an sie gewöhnen. Vor allem, weil es in jedem Dorf, aus dem man ihn schmiss, ein paar gab, die ihm folgten, angezogen von einem neuen alten, reinen Islam. Abd al-Wahhab geißelte die Dekadenz der Moderne, den Götzenkult um den Propheten, den ganzen Aberglauben, der den puren Islam beschmutzte.

Wieder einmal waren der Wanderprediger und sein Gefolge aus einer Oase geflohen – dieses Mal, weil sie zum Entsetzen der Einwohner eine Frau zu Tode gesteinigt hatten – , da begegnete er Muhammad ibn Saud und er machte dem Herren über ein Wasserloch und ein paar Dattelbäumen ein erstaunliches Angebot.
Ibn Saud war ein Scheich, kein sehr bedeutender, aber immerhin, und der Wanderprediger war keine einnehmende Gestalt, stand im Ruf der Grausamkeit, der Frömmlerei, war humorlos und ungebildet – abgesehen davon, dass er den Koran auswendig rezitieren konnte, weshalb seine Feinde ihm nachsagten, dass er ein Analphabet sei.
Wenn Muhammad ibn Saud Ärger hätte vermeiden wollen, dann hätte er Abd al-Wahhab nicht angehört und vom Hof gejagt, aber er wollte dem Ärger nichts aus dem Weg gehen, sondern raus aus seiner Oase.
Im Jahr 1745 schlossen Muhammad ibn Saud und Muhammad Abd al-Wahhab einen Pakt und besiegelten ihn auch gleich traditionell mit einer Heirat, so dass aus dem Wanderprediger der Schwiegersohn des Scheichs wurde.
Der Pakt bestand daraus, dass Ibn Saud in den Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen ziehen sollte (das waren zu diesem Zeitpunkt alle Menschen, die sich außerhalb der Oase befanden). Dafür würde er Kalif werden und Abd al-Wahhab würde sich um das Seelenheil der Muslime kümmern, wobei man das Heil dabei streichen kann.
Die Stammeskrieger des Scheichs, ergänzt um das fanatische Gefolge des Wanderpredigers, stellten eine schlagkräftige Truppe dar. In den nächsten zwanzig Jahren eroberte man den Norden des heutigen Saudi-Arabien, als ibn Saud und Abd al-Wahhab kurz nacheinander starben 1765/66. Die Nachfolger führten das begonnene Werk fort und eroberten 1801 die Heiligen Stätten Mekkaund Medina. Dort verboten sie Musik, Blumen, Tabak und Kaffee, verbrannten alle Bücher, bis auf den Koran, zwangen die Männer unter Androhung der Todesstrafe sich einen Bart wachsen zu lassen (kommt bekannt vor), die Frauen einen Schleier zu tragen und verbannten sie ins Haus. Dann schändeten sie das Grab des Propheten, die Gräber seiner Familie und die seiner Gefährten, die zu einer Pilgerstätte geworden waren.
Im folgenden Jahr drang man bis nach Kerbala vor, wo die Glaubenskrieger rechtzeitig zum Ashura-Fest ankamen (religiöse Feste hatte Abd al-Wahhab auch nicht gemocht). Man metzelte die feiernden (eigentlich trauernden) Schiiten nieder, schändete die Gräber Alis, Husseins und der Imame und verwüstete dann mit Wonne das Grab Fatimas, der Tochter des Propheten und Ehefrau Alis. Eigentlich hatten die Wahhabiten nichts gegen den Propheten und seine Familie, aber Abd al-Wahhab hatte gepredigt, dass man nur Gott verehren dürfe und nichts und niemanden sonst und seine Anhänger wollten diese Botschaft ganz und gar unmissverständlich verkünden.
Es dauerte noch bis 1818, ehe es dem Kalifen gelang dem Treiben der Wahhabiten ein Ende zu setzen, was verdeutlicht wie machtlos das Osmanische Reich zu diesem Zeitpunkt bereits war.

Die Machtbasis der Familie ibn Saud war zerstört, aber sie waren nicht vernichtet und in ihren Augen hatte der Pakt zwischen Muhammad ibn Saud und Muhammad Abd al-Wahhab Früchte getragen. Gut, das mit der Welteroberung hatte im ersten Anlauf nicht geklappt, aber zwischenzeitlich hatte es viel versprechend ausgesehen. Man beschloss zu warten und einstweilen das verlorene Stammland zurück zu erobern, was etwa hundert Jahre dauerte, vor allem weil die Familie Saud sich zwischenzeitlich auch mal gegenseitig bekriegte.
Mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs wurde die Geduld der Sauds belohnt. An der Seite der Briten (eigentlich Ungläubige) und des Sherifs von Mekka (eigentlich ein alter Feind) zogen sie gegen das Osmanische Reich zu Feld. Nach dem der Krieg zu Ende war, war Abd al-Aziz ibn Saud ein wenig enttäuscht von den Briten, denn man hatte ihn mit nicht mehr belohnt als dem, was ihm ohnehin gehörte, der Herrschaft über die Region Nadschd, während die Söhne des Scherifs von Mekka sich die Königreiche Jordanien und Irak gesichert hatten, wenn auch als Vasallenstaaten. Doch als sich das Verhältnis zwischen dem Scherif von Mekka und den Briten verschlechterte, schlug die Stunde der Saudis. 1924 fielen Mekka und Medina ein zweites Mal in die Hände der Familie ibn Saud. Man feierte mit der öffentlichen Hinrichtung von 40.000 Menschen. Wie schon gesagt, die Wahhabiten (die sich selbst Salafiten nennen) lieben unmissverständliche Botschaften (oder waren keine Gräber zum Schänden mehr übrig?).

Ende gut, alles gut für die Familie Ibn Saud? Nein, irgendwie nicht. Abd al-Wahhab hatte die Herrschaft über alle Muslime versprochen und nicht bloß über noch mehr Sand und ein paar Dattelbäume mehr. Außerdem hatten sich Abd al-Aziz ibn Saud während des Krieges auf die Ikhwan-Bruderschaft als kämpfende Truppe gestützt und die wollten den Kampf jetzt gegen die Briten fortsetzen. Was sollte Ibn Saud tun, den heiligen Krieg fortsetzen oder das Erreichte konsolidieren? Der Realpolitiker entschied sich für letzteres und ließ seine Gotteskrieger mit britischer Hilfe niedermetzeln. Damit hatte den Pakt zwischen Muhammad ibn Saud und Abd al-Wahhab gebrochen, konnte aber das Königreich Saudi-Arabien ausrufen, wo der Wahhabismus Staatsreligion ist und jeder Aspekt des öffentlichen Lebens sich dieser radikalen, puritanischen Variante des Islam unterordnen muss.
Jetzt wäre es an der Zeit, dass der Wahhabismus und das Königreich der Saudis in Vergessenheit geraten. Eine Kultur, die die Rückständigkeit als Heilslehre feiert und eine Wirtschaft, deren einzige Einnahmequelle der Export von Datteln und die jährliche Pilgerfahrt nach Mekka ist, das schreit nachgerade nach Bedeutungslosigkeit, doch der Zufall ist Zyniker. 1938, man wollte eigentlich die Probebohrungen aufgeben, wurde in Saudi-Arabien Erdöl entdeckt, gerade rechtzeitig zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Über Nacht wurde aus einem Wüstenstaat, in dem man noch in Zelten wohnte, ein begehrter Verbündeter, der das im Überfluss liefern konnte, was die Räder der Kriegs- und Weltwirtschaft schmiert. Die Briten und Amerikaner griffen beherzt zu, ehe es die Nazis tun konnten, und König Abd al-Aziz ibn Saud war plötzlich der dickste Freund und beste Verbündete der Supermacht USA. Über kleinere Unappetitlichkeiten wie öffentliches Hinrichten durch Köpfen mit dem Schwert, das Amputieren von Gliedmaßen als Strafe oder die Steinigung sah und sieht man gnädig hinweg. So sehr hängt die Welt am saudischen Öltropf, das dergleichen nicht weiter ins Gewicht fällt, auch wenn die Islamische Republik Iran gegenüber Saudi-Arabien wie ein fröhlicher Kindergeburtstag wirkt.

Jetzt endlich alles gut für die Saudis? Tja, nein, nicht so richtig. Es ist ein wenig wie in Goethes Gedicht „Der Zauberlehrling“. Die Geister, die ich rief, werd’ ich nun nicht mehr los. Diejenigen, die wirklich Gefallen am puritanischen Wahhabismus gefunden hatten, musste es natürlich missfallen, dass sich plötzlich lauter ungläubige Ingenieure und Geschäftsleute im Land tummelten. Und dann erst der Prunk und der Reichtum, der plötzlich überall ausbrach.
Zwar waren die Saudis bemüht die (unfrohe) Botschaft des Wahhabismus in die Welt hinaus zu tragen , indem sie konservative oder radikale islamische Gruppierungen finanziell unterstützen und zu indoktrinieren versuchten, zwar ist die saudische Entwicklungshilfe in Ländern wie Somalia oder dem Sudan nichts weiter als wahhabitische Missionierung (wozu die Welt erobern, was riskant und physisch anstrengend ist, wenn man sich auch kaufen kann?), aber das konnte junge Eiferer wie Osama ibn Laden nicht besänftigen. Nach außen predigt man Wasser, aber hinter zugezogenen Gardinen trinkt man die erlesensten Weine, die sich mit Petrodollars kaufen lassen?
Es war kurzfristig ein Glück für das saudische Herrscherhaus, dass die Sowjetunion 1980 in Afghanistan eingriff. Als die Afghanen mit amerikanischen Waffen versorgt und vom pakistanischen Geheimdienst im Guerillakampf ausgebildet wurden, zog das viele Saudis an. In Afghanistan konnten sie wieder den reinen, puren Islam Abd al-Wahhabs leben, ohne die Ablenkung von goldenen Wasserhähnen, Fernsehen und schnellen Autos und sie durften ungestraft und nach Herzenslust Ungläubige töten.
Solange die jungen Osama ibn Ladens Afghanistan als überdimensionierten Sandkasten gebrauchten, konnte das dem Königshaus egal sein. Kritisch wurde es erst, als Gorbatschow nicht mehr mitspielen wollte und die Saudis die USA im 1. Golfkrieg unterstützten. Das war es, was für Osama ibn Laden und seine international gemischte, aber im Glauben einige Brüder das Fass zum Überlaufen brachte. Al-Quaida war geboren.

Die übergroße Symbolwirkung der Anschläge vom 11. September mit seinen vielen Toten, die Anschläge auf Pendlerzüge in Madrid und der Anschlag auf die Londoner U-Bahn überdecken, dass al-Quaida vor allem Krieg gegen ungläubige Muslime führt. Warum griff al-Quaida das World Trade Center zweimal an, weil es zeitweilig das höchste Gebäude der Welt war? Nein, weil er glaubt, dass die islamische Welt, allen voran seine Heimat Saudi-Arabien, vom Westen korrumpiert ist und das Mittel der Korruption ist Geld, das durch Welthandel erwirtschaftet wird, deshalb das World Trade Center.
Der Westen zählt seine Opfer in diesem Krieg gegen den Terror, über 5000 Zivilsten seit 1993, aber er übersieht dabei, dass al-Quaida ein Vielfaches an Muslimen auf dem Gewissen hat.
2004 sterben in Kerbala während des Ashura-Festes 178 Schiiten, eine direkte Parallele zum Massaker des ersten wahhabitischen Feldzuges 1802. Besonders brutal ist auch der Anschlag von Sindschar.
Weil al-Quaida keine feste Struktur hat, ist auch eine Strategie kaum zu erkennen. Viele Anschläge finden auf islamischen Boden statt, gelten aber westlichen Staatsangehörigen. Das könnte Teil des Plans sein die islamische Welt vom Westen zu säubern, kann aber auch schlicht logistische Hintergründe haben. Wann immer sich eine lukrative Gelegenheit ergibt, schlägt man auch direkt gegen den Westen zu. Allerdings finanziert al-Quaida auch andere Terrorgruppen mit eigener Agenda und ermutigt jeden, der Lust hat mitzumachen. So bleibt das Bild verschwommen.
Fest steht aber, dass al-Quaida ein Problem für das Königshaus der Saudis ist. Al-Quaida ist ihr geistiges Kind, viele Mitglieder al-Quaidas stammen aus Saudi-Arabien, so dass Saudi-Arabien als Unterstützer des weltweiten Terrorismus gilt. Gleichzeitig ist Saudi-Arabien selber auch im Fadenkreuz von al-Quaida, wenn auch bislang insofern, dass ausländische Einrichtungen auf saudischem Boden angegriffen werden.
Natürlich werden die USA nicht ihre schützende Hand abziehen, aber man übt Druck aus. Die Menschenrechtsverletzungen, die Stellung der Frau, all das wird mit einem Mal kritischer gesehen und man könnte sich fragen, wie man wohl heute im saudischen Königshaus über den Pakt denkt, den man vor 250 Jahren mit dem Wanderprediger eingegangen ist.

Klettert Osama ibn Laden immer noch durch das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet? Spaß daran hätte er wahrscheinlich. Keine Blumen, keine mit Blattgold zugekleisterten Moscheen, kein Fernsehen und kein Gesinge und Getanze, das einen vom reinen Islam ablenken kann, bloß ein Gefolge von bärtigen Kerlen mit automatischen Waffen, die glauben, dass die Barmherzigkeit Allahs darin besteht, den Ungläubigen zu einem raschen Tod zu verhelfen.
Vielleicht ist er aber auch in Rente gegangen und sitzt in Saudi-Arabien im Kreise seiner Familie.
Ihn an die USA ausliefern kann das Königshaus nicht, denn er ist einer von ihnen, ein Kind al-Wahhabs. Würden sie ihn an die USA ausliefern, könnten sie auch gleich ihren Wahhabismus einstampfen.
Ihn einfordern könnten die Amerikaner auch nicht, denn dann würden sie ihren wichtigsten Verbündeten in der Region bloßstellen.
Selbst hinrichten und damit los sein, damit hätten die Saudis ganz bestimmt kein Problem, aber es würde aus ihm einen Märtyrer machen und das Königshaus auf der Liste potenzieller Ziele höher rücken lassen. Da ist ein verschwiegener Hausarrest doch die elegantere Lösung.
Dass Osama ibn Laden dann eines Tages von der Welt unbemerkt sterben und in einem unbekannten Grab bestattet würde, dürfte ihn nicht schrecken, denn was sollte er mit Nachruhm anfangen? Er, Osama ibn Laden, ist nichts, Allah ist alles.

Montag, 4. April 2011

Deutschland, der Islam und der Koran


Man muss nur einmal den Blickwinkel wechseln. Zum Beispiel die Kreuzzüge. Was für eine Epoche für das Abendland, wie viel Platz sie in der Geschichtsschreibung einnehmen. Das erste Mal, dass Islam und Christentum miteinander die Klingen kreuzten, der erste Clash der Kulturen.
Und für die muslimische Welt? Die Kreuzzüge sind für die islamische Geschichtsschreibung eine Randnotiz, bestenfalls. Chronisten in Bagdad, Corduba oder Tunis würden sie vielleicht gar nicht erwähnen. Was kümmert es die Muslime in Neyshabur, wenn ein Haufen Kreuzfahrer in Palästina einfällt? Der Mongolensturm ist das wesentlich größere Ereignis für die islamische Geschichtsschreibung, wohingegen der in der Geschichte Westeuropas kaum Spuren hinterlassen hat.
Vor diesem Hintergrund müsste man auch einmal überdenken, ob die Begriffe Haus des Friedens (Dar al-Islam, islamische Welt) und Haus des Krieges (Dar al-Harb, Christentum) wirklich einen Kriegszustand zwischen den beiden Kulturkreisen beschreibt – tatsächlich herrschte über Jahrhunderte eine Art Kalter Krieg. Man hatte einander, obwohl nur getrennt durch das Mittelmeer, nichts zu sagen – oder ob es nicht treffender eine Zustandsbeschreibung war? In der muslimischen Welt herrschte relativer Friede, während man sich im christlichen Abendland beständig gegenseitig an die Kehle ging.

Wenn man den Blickwinkel einmal gewechselt hat, stellt man auch alte Vorurteile auf den Prüfstand.
„Das Kopftuch ist ein Ausdruck für die Erniedrigung der Frau und der definitive Beweis dafür, dass der Islam als Gesellschaftsform gescheitert ist.“ sagte der britische Generalkonsul in Ägypten, Lord Alfred Cromer, der gleichzeitig die Sufragetten in Großbritannien bekämpfte.
Tatsächlich ging es Lord Cromer nicht um Emanzipation, sondern darum, die britische Herrschaft über das muslimische Ägypten moralisch zu legitimieren.
Der iranische Philosoph Ali Shariati nannte das Kopftuch ein Symbol für Keuschheit und Frömmigkeit und ermutigte muslimische Frauen „Demut und Niedrigkeit abzulegen“, indem sie das Kopftuch anlegten.
Shariati propagandierte einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus, der auf dem Islam basieren sollte. Die Religion sollte den gesellschaftlichen Gegenentwurf zu den ehemaligen Kolonialstaaten liefern.
Was lernen wir aus den beiden gegensätzlichen Aussagen? Nichts. Weder Lord Cromer noch Ali Shariati haben jemals ein Kopftuch getragen.

Das Kopftuch, das Aushängeschild des Islam. Schlägt man im Koran nach, dem anderen Aushängeschild, wird man feststellen, dass es gar kein ausdrückliches Gebot zum Tragen eines Kopftuches gibt.
In Sure 53,33 heißt es zwar: „Ihr Gläubigen! Betretet nicht das Haus des Propheten ohne dass man euch Erlaubnis erteilt.  […] Und wenn ihr die Gattinnen des Propheten um etwas bittet, das ihr benötigt, dann tut dies hinter einem Vorhang. Auf diese Weise bleibt euer und ihr Herz rein.“
Dieser Vers wird auch hijab-Vers genannt, doch zum einen wird mit hijab ein Vorhang bezeichnet, zum Anderen bezieht sich der Vers nur auf die Frauen des Propheten.
Andere Bekleidungsvorschriften besagen, dass die Frauen ihr Gewand herunter ziehen sollen. „So ist es am ehesten gewährt, dass die Gläubigen erkannt und darauf nicht belästigt werden.“ Sure 33,59 oder dass die Frauen darauf achten sollen, dass in Gegenwart anderer Männer „ihre Scham bedeckt ist […] und sie sich ihren Schal über die Brust ziehen.“ Sure 24,31.
Hieraus lässt sich ein Kopftuchgebot nicht rekonstruieren, aber man kann natürlich anders übersetzen als Reza Aslan.
Wieder Sure 24,31: „Und sag den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke niederschlagen und ihre Scham hüten sollen, dass sie ihren Schmuck nicht zur Schau stellen sollen, mit Ausnahme dessen, was ohnehin davon sichtbar ist. Sie sollen ein Tuch über ihren Ausschnitt schlagen und ihren Schmuck nicht zur Schau stellen.“
Wieder kann man keine Aufforderung herauslesen den Kopf zu bedecken, eher nicht nackend herumzulaufen.
In der Tat. Das Tragen eines Kopftuches lässt sich aus dem Koran nicht ableiten. Die gängige These wie das Kopftuch in den Islam gelangt ist, besagt dass die Frauen des Propheten nach der Gewohnheit persischer Edelfrauen ein Kopftuch zu tragen begannen (hejab), um ihre herausragende Position zu betonen und dass das von nachfolgenden Generationen muslimischer Frauen übernommen wurde, um zu zeigen, dass sie in Frömmigkeit den Frauen des Propheten nacheifern.
Zum Vergleich kann man auf den Bart des Propheten verweisen. Viele fromme muslimische Männer tragen einen Bart (manchmal in der fusseligen Variante, mit deren Anblick man manchmal in deutschen Städten beglückt wird), um zu zeigen, dass sie dem Beispiel des Propheten nacheifern. Als die Taliban 1996 Kabul eroberten, verlangten sie von jedem Mann sich binnen zweier Wochen einen Bart wachsen zu lassen. Andernfalls drohte die Todesstrafe. So wird aus einem freiwilligen Symbol der Zugehörigkeit ein Zwang.

Jetzt könnte man darauf verweisen, dass das Übersetzungsschwierigkeiten sind, die sich beim Studium des Koran im Original nicht ergeben, weshalb es ein Gebot gibt den Koran nicht zu übersetzen. Er darf nur auf arabisch gelehrt werden.
Das löst aber die Schwierigkeit nicht, denn den Koran lesen heißt immer ihn zu übersetzen. Der Koran ist in altem hocharabisch verfasst, das im Gegensatz zu den damaligen arabischen Dialekten stand, im Gegensatz zum heutigen Standardarabisch und den jeweiligen, modernen arabischen Dialekten steht. Mit anderen Worten, die Tinte auf dem ersten Koranexemplar war noch nicht trocken, da wurde er schon übersetzt.
Durch den holländischen Regisseur Theo van Gogh wurde die Sure 4,34 berühmt. Sie besagt: „Männer haben die Aufsicht über die Frauen, weil Allah die einen vor den anderen ausgezeichnet hat und weil sie einen Teil ihres Vermögens ausgeben. […] Und wenn ihr fürchtet, dass die Frauen sich auflehnen, so ermahnt sie, meidet ihr Bett und schlagt sie.“
Frauenfeindlicher geht es nicht mehr, aber es gibt auch eine andere Übersetzung der Sure: „Und wenn ihr Widerspenstigkeit vermutet, sprecht mit ihnen, meidet ihr Bett und schlaft mit ihnen, wenn sie Willens sind.“
Das Wort: Männer haben die „Aufsicht über“ die Frauen, kann auch bedeuten: „beschützen“, „unterstützen“, „sorgen für“, „sich kümmern um“, während der hier verwendete arabische Begriff für „schlagen“ auch bedeuten kann: „abwenden“, „fortfahren“ und „in gegenseitigem Einverständnis Verkehr haben“!
Wenn man das Gebot, den Koran nicht zu übersetzen enger fasst, nicht übersetzen, nicht interpretieren, wörtlich nehmen, dann hat man nicht nur das literaturwissenschaftliche Problem, dass lesen immer ein Akt der Interpretation ist, sondern auch das Problem, dass der Koran keine Bedienungsanleitung ist, sondern ein Werk in Versen, das Gleichnisse, Bilder und Metaphern verwendet und in einer arabischen Sprache verfasst ist, die viele einander zum Teil widersprechende Synonyme kennt.
Beide Übersetzungen der Sure sind syntaktisch und grammatikalisch einwandfrei. Man kann sie tatsächlich lesen als Aufforderung Frauen zu verprügeln oder als Aufforderung einvernehmlich miteinander Sex zu haben.

Als Grund dafür, dass islamische Länder den westlichen hinterher hinken wird oft der Koran genannt. Das Kleben am Wortlaut des Koran lähme die Gesellschaften.
Das Gegenteil ist der Fall. Gerade der Versuch den Koran wörtlich zu nehmen hat zu einer beständigen Interpretation des Textes geführt, die kein Ende finden wird. Wenn die islamischen Gesellschaften eine zeitlang in einen Dornröschenschlaf gefallen sind, dann liegt das sicher nicht am Koran.

Was nutzt all das der Islamdiskussion in Deutschland? Eine Menge, denn was nutzt eine Diskussion, wenn eine der beiden Parteien in alten Vorurteilen verhaftet bleibt? Wie kann eine fruchtbare Diskussion entstehen, wenn eine Seite glaubt, die andere Seite würde am liebsten Zuhause die Ehefrauen schlagen, die Töchter unter einen Ganzkörperschleier zwingen, Ungläubige hinschlachten, Dieben die Hand abhaken und Ehebrecher steinigen, wenn man sie nur ließe?
Man kann natürlich den Standpunkt vertreten, dass es alleine Sache der Muslime sei sich einen Islam zu basteln, mit dem man in Deutschland leben kann ohne anzuecken. Das hat man lange auch gemacht. „Hier ist das BGB und wer sich nicht daran hält, der geht ins Gefängnis.“
Davon ist man aber aus Angst vor Parallel- und Schattengesellschaften abgekommen. Der 11. September hat gezeigt, dass der Weg zu kurz greift. Vier der Attentäter haben jahrelang unauffällig in Hamburg gelebt.
Also hat man sich entschieden einen Dialog zu führen. In diesem Dialog kann es nur darum gehen, welchen Raum die deutsche Gesellschaft dem Islam in Zukunft zubilligen wird. Dafür ist es notwendig, dass sich wenigstens einige in Deutschland wenigstens für einige Zeit mit dem Islam auseinander setzen.
Bislang hat der deutsche Staat recht hilflos reagiert, wenn er Seitens des Islam mit der Forderung nach Religionsfreiheit konfrontiert wurde. So wollte vor einigen Wochen eine städtische Angestellte in Frankfurt fortan nur noch im Niqab zur Arbeit erscheinen. Dass man ihr das nicht erlauben konnte, wusste die Stadt, aber nicht wie sie das begründen sollte. Schließlich will man nicht als intolerant erscheinen. Dabei ist das überflüssig. Die Stadt Frankfurt hätte selbstbewusst darauf hinweisen können, dass Niqab und Burka keine islamischen Kleidungsvorschriften sind und sie daher auch keine religiöse Toleranz der Stadt Frankfurt erwarten kann.
Gleichzeitig muss sich die Gesellschaft in Deutschland nicht davor fürchten, wenn muslimische Interessenverbände Forderungen stellen. Niemand ist pikiert, wenn eine Zeugin Jehovas sich vom Sexualkunde-Unterricht freistellen lassen möchte, warum also immer das Misstrauen gegen Muslime?
Wenn Katholiken und Evangelen Religionsunterricht in der Schule haben können, was ist dann verwerflich an islamischem Religionsunterricht? Kein Schweinefleisch zu Mittag in Kindergärten und Schulen? Warum nicht mehrere Gerichte zur Auswahl anbieten? Es soll auch deutsche Kinder geben, die kein Schweinefleisch mögen. Und was hätte die deutsche Gesellschaft davon, wenn sie muslimische Kinder zum Verzehr von Schweinefleisch zwingt?
Nach Geschlechtern getrennter Sportunterricht? Sicher nicht. Muslimische Mädchen können auch mit Kopftuch an Sport- und Schwimmunterricht teilnehmen und wenn ein muslimischer Junge unverschleierte Mädchen beim Sport nicht ansehen kann, dann kann er sie auch nicht in der U-Bahn oder im Bus sehen und ist in Deutschland definitiv fehl am Platz.
Ein spezieller Gebetsraum für Muslime an Schulen? Wenn die Schule den Platz hat, warum nicht, aber generell kann man die Forderung zurückweisen. Der Koran sagt, dass man verpasste Gebete später nachholen kann. Niemandes Seelenheil ist in Gefahr, wenn man die Forderung ablehnt.  

Von daher muss man Monika Morans Debattenbeitrag in Spiegel Online vom 18. 03. entgegnen, dass sie das Ende vor dem Anfang gedacht hat.
Ehe man verlangen kann, dass die deutsche Gesellschaft (bzw. deren Repräsentanten) sich nicht mehr mit dem Islam auseinandersetzen müssen, sollte ein vorurteilsfreier Dialog zwischen Gesellschaft und Muslimen geführt worden sein.
Erst wenn die deutsche Gesellschaft und die Muslime in Deutschland ihr Verhältnis zueinander geklärt haben, kann man verlangen, dass der Islam Anders- und Nichtgläubige nicht mehr mit seinen Glaubensregeln behelligt.

Freitag, 1. April 2011

Empört euch!

Angesichts dessen, dass “Wutbürger“ zum Wort des Jahres gewählt wurde, erscheint eine Streitschrift mit dem Titel “Empört euch!“ überflüssig.
Auch in Frankreich, wo der dünne Aufsatz zuerst erschien, fehlte es zuletzt nicht an Empörung. Hunderttausende demonstrierten gegen eine Rentenreform, an den Tankstellen drohte Benzin knapp zu werden, weil Raffinerien bestreikt wurden.
Gegen die Sparmaßnahmen in Griechenland wurde ein Generalstreik ausgerufen, während in England, ebenfalls wegen Sparmaßnahmen, die größten Proteste seit der Thatcher-Ära im Gange sind.
An Empörung fehlt es in Europa also nicht. Warum ruft Stéphane Hessel, 93 Jahre alt und auf der allerletzten Etappe seines Lebens, genau dazu auf?

Stéphane Hessels Streitschrift ist deshalb nicht überflüssig, weil der Wutbürger dieser Tage am Ende der Entwicklung steht. Der Bahnhof in Stuttgart, gegen den sich die Deutschen so empörten, wird wohl gebaut werden. Das Projekt ist politisch abgesegnet, die Bauaufträge sind zum Teil vergeben und das alte Bahnhofsgebäude ist zur Hälfte schon abgerissen.
Die Sparpläne in Griechenland und England sind bereits beschlossen, müssen nur noch die jeweiligen Parlamente passieren, in denen die Regierungsmehrheit vorhanden ist. Der Widerstand kommt zu spät.
Wenn Hessel die Menschen also auffordert sich zu empören, dann meint er eine grundsätzliche Empörung. Nicht der Bau eines Bahnhofes ist der Skandal, sondern der Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Planung von Großprojekten. Nicht die Sparmaßnahmen an sich sind das Problem, sondern eine Politik, nach der Sozialausgaben in erster Linie eine Haushaltsbelastung darstellen.
Stéphane Hessel fordert eine Empörung über den Kurs, den die Industrienationen eingeschlagen haben, über die immer größer werdende Kluft zwischen arm und reich, warnt vor zunehmender Gleichgültigkeit, die der natürliche Feind der Demokratie und der Verbündete von Extremismus ist.

In Deutschland geboren, aber früh Wahlfranzose geworden, hatte sich Stéphane Hessel im 2. Weltkrieg der Résistance angeschlossen. Sein Widerstand gegen den Nationalsozialismus führte ihn nacheinander in zwei Konzentrationslager, die er mit Mut und Glück überlebte.
Nach dem Krieg arbeitete er mit an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Wie viele seiner Generation wollte er, dass die Menschheit nach dem 2. Weltkrieg eine andere sein sollte als zuvor, friedlicher, gerechter, brüderlicher. Für Stéphane Hessel sind das die Ideale der Résistance. Dass diese Ideale noch immer nicht verwirklicht sind, entmutigt ihn nicht.
Die Erklärung der Menschenrechte zeigt Wirkung, langsam aber unaufhaltsam. Die Welt hat sich verändert seit 1945. Die Apartheid ist überwunden, die Kolonialreiche sind verschwunden, der Rassismus ist im Niedergang begriffen und der Schutz der Natur ist ein allgemeines Anliegen.
All diese Veränderungen haben ihren Ursprung darin, dass Menschen sich empört haben.
Ullstein Verlag. 32 Seiten. 3,99 €. Empört euch! bei Amazon. 


Mittwoch, 23. März 2011

Von Warnern und Bedenkenträgern


Warner haben’s schwer. Der Priester Laokoon warnte seine Landsleute vor dem Trojanischen Pferd und wurde deshalb von Seeschlangen verschlungen. Zudem wurde seine Warnung in den Wind geschlagen.
Vielleicht wollten die Griechen mit dieser Geschichte gar nicht die Warner warnen, sondern zum Ausdruck bringen, dass Warner nerven, auch wenn sie Recht haben. Es sind schließlich Besserwisser, die in Krisenzeiten ihre Warnungen unter das Volk streuen, altkluge Rechthaber, die sich jetzt in Talkshows breit gemacht haben – außer Reichweite von Seeschlangen.

Dass er nicht mehr von Seeschlangen gefressen wird, ist nicht das einzige, das sich am Warner verändert hat. Immer seltener warnt er vor Konkretem, bleibt nebulös.
Man kann sagen, er äußert inzwischen vor allem Bedenken, weswegen inzwischen die Bezeichnung „Bedenkenträger“ im Umlauf ist. Es ist ein Versuch die Warner zu diffamieren und damit mundtot zu machen, allerdings haben sich letztlich Seeschlangen als effektiver erwiesen.

Zuletzt haben die modernen Bedenkenträger Konjunktur gehabt und sich mit Hingabe der Unruhen in der arabischen Welt angenommen.
Vor dem Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali fürchtete man eine Flüchtlingswelle, die af Europa zurollen würde.
Als in Ägypten der greise Hosni Mubarak zu taumeln begann, gab man wahlweise die Sicherheit Israels zu bedenken, das Erstarken von Islamisten oder die Möglichkeit einer Militärdiktatur oder alles zugleich.
Die Unruhen in Jemen gaben Anlass zur Sorge, Al Quaida könne dort eine Operationsbasis aufbauen, der ganze jemenitische Staat könne auseinander fallen.

Keines dieser möglichen Zukunftsszenarien entbehrt einer Grundlage. Es stellt sich nur die Frage inwieweit diese Bedenken bedenkenswert sind. Was nutzt eine Warnung, wenn man keine Möglichkeit hat sie zu beherzigen?
Wie sollte Deutschland einer möglichen islamistischen Gefahr in Ägypten begegnen, Hosni Mubarak Polizisten nach Kairo schicken, die den Tahirplatz von Demonstranten räumen? Sollte sich die Europäische Union aus Rücksicht auf Israel an einen 82jährigen klammern, der zwar einen Friedensvertrag mit Israel hat, aber im Land Antisemitismus fördert, wenn es ihm opportun erschien? Sollte man eine Demokratiebewegung unterdrücken, weil vielleicht die Militärs die Macht im Land übernehmen könnten und stattdessen einen Tyrannen an der Macht halten, der sein Volk um geschätzte 10 Milliarden Dollar erleichtert hat?
Soll der Westen einen jemenitischen Staatschef stützen, der seit 32 Jahren regiert, dessen Staat ohnehin vor dem Kollaps steht? Soll der Westen für Forderungen nach Freiheit und Menschenwürde ein taubes Ohr haben, zugunsten der Stabilität in einem Land das instabil ist und in dem angebliche Stabilität nur mit einem jahrzehntelangen Ausnahmezustand garantiert werden kann?

Nein, so weit will natürlich niemand gehen (außer Frankreichs Außenministerin Alloit-Marie, die damit geliebäugelt hatte Tunesiens Ben Ali französische Polizisten anzudienen), auch die Bedenkenträger nicht. Selbstverständlich sollen, dürfen, müssen die Tunesier, die Ägypter, die Jemeniten, Libyer, Syrer und Algerier ihren eigenen Weg in die Zukunft suchen, aber man wird ja noch mal warnen dürfen.

Sonntag, 20. März 2011

Innen hohl

Bild: Dirk Vorderstraße
Seine bislang stärkste Rede hielt Guido Westerwelle im Juni 2007 auf einem Parteitag der FDP. Dort erklärte er die Partei – oder sich. Das war ja lange eins – zur Freiheitsstatue der Republik.
Seinen bislang stärksten Auftritt als Außenminister hatte Guido Westerwelle Anfang März, als er sehr früh und unmissverständlich erklärte, dass Ghaddafi verschwinden müsse. Der Diktator habe jegliche Legitimation verloren und sei untragbar geworden.
Mit diesen Aussagen des Außenministers setzte sich Deutschland an die Spitze der Europäischen Union, die im Umgang mit Libyens Diktator keine gute Figur zu machen drohte und setzte erste Sanktionen gegen das Regime durch. Beseelt vom freundlichen Empfang in Tunis, getragen von der Begeisterung mit der der deutsche Außenminister auf dem Tahirplatz in Kairo begrüßt wurde, stilisierte sich Guido Westerwelle zur Freiheitsstatue der arabischen Demokratiebewegung.

Die bittere Wahrheit ist, dass die Freiheitsstatue innen hohl ist und hohl sind auch Guido Westerwelles Versprechungen. Libyen entwickelte sich anders als Tunis oder Ägypten, die Rebellion geriet in die Defensive, aber Westerwelle hatte nicht mehr zu bieten als warme Worte – oder heiße Luft. Ghaddafi muss weg, aber zum Sturz beitragen wollte Deutschland nur mit Sanktionen, die den sanktionserprobten Diktator nicht schrecken konnten, die nicht durchzusetzen wären und die Monate brauchten, um zu wirken.

Außenminister Westerwelle hat als erster Staatsmann stellvertretend für Deutschland am lautesten getönt, als er das libysche Regime für Bankrott erklärte. Er hat damit sehr frühzeitig die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung ausgeschlossen. Hoffnung auf erfolgreiche Diplomatie gab es aber ohnehin keine.
Danach hat er jede andere Option im Umgang mit dem Bürgerkrieg in Libyen verweigert, selbst als die NATO ihre Bereitschaft zur Durchsetzung einer Flugverbotszone signalisierte, als die libysche Opposition sie einforderte und die Arabische Liga ihre Erlaubnis erteilte.

Außenminister Westerwelle hat mit einer derartigen Vehemenz den Sturz des exzentrischen Diktators gefordert, dass man den Eindruck bekommen konnte, er würde sich demnächst persönlich aufmachen und ihn aus seinem Beduinenzelt zerren, aber zur selben Zeit hat er den Pazifismus für sich entdeckt. Von dieser neuen Entdeckung waren Merkel und Westerwelle dann auch gleich so begeistert, dass sie die militärische Option nicht nur für Deutschland ausschlossen, sondern auch für die EU, die NATO und die gesamte Völkergemeinschaft. Wie man so einen Diktator aufhalten soll, der nur noch Stunden vor der Einnahme der letzten verbliebenen Rebellenhochburg steht, haben Westerwelle und Merkel nicht erklärt.

Was bleibt, sind Signale, die Deutschland in die Welt aussendet. Das Abstimmungsverhalten Deutschlands im UN-Sicherheitsrat signalisiert, dass Deutschland beim geringsten Zweifel die wichtigsten Verbündeten im Stich lassen wird. Deutschland hat sich enthalten und damit die USA vor den Kopf gestoßen, aber Deutschland ist auch aus der EU-Linie ausgeschwenkt und hat den Arm unten gelassen, als Frankreich, England und Portugal ihn hoben.
Gerade das Beispiel Portugals zeigt aber wie hohl die Begründung Westerwelles und Merkels für Deutschlands Verhalten ist. Sie wollten sich nicht an einer Militäraktion gegen Libyen beteiligen, angeblich weil sie vom Erfolg nicht überzeugt seien, tatsächlich weil sie fürchteten, dass die Wähler neben Afghanistan einen zweiten Militäreinsatz mit deutscher Beteiligung nicht begrüßen würden. Portugal stimmte für die UN-Resolution, aber am Militäreinsatz wird sich Portugal nicht beteiligen. Deutschland enthielt sich, unterstützt aber den Militäreinsatz logistisch. Das ist so unlogisch wie inkonsequent.
Das zweite Signal ist, dass Deutschland Menschenrechte und Demokratiebewegungen immer unterstützen wird – aus gebührender Entfernung, wenn es garantiert nichts kostet und mit warmen Worten hinter denen nichts steckt als heiße Luft.

Mittwoch, 16. März 2011

Die trägen Deutschen

Was will der neue Innenminister Friedrich damit sagen, wenn er feststellt, dass der Islam historisch nicht zu Deutschland gehört? Die Aussage hat kein Gehalt, denn sie hat keine Relevanz für die ca. vier Millionen Muslime, die jetzt in Deutschland leben und sie ist ein Widerspruch gegen etwas, was nie jemand behauptet hat.
Was soll man mit der Aussage also anfangen? Will Herr Friedrich damit andeuten, dass nur Dinge mit historischem Hintergrund ein Existenzrecht in Deutschland haben? Dann müsste er „historisch“ definieren, denn heute ist Deutschland ein Autoland, aber das Auto gibt es erst seit knapp hundert Jahren, gehört historisch also kaum mehr zu Deutschland als der Islam.

Noch schlimmer wird es, wenn Innenminister Friedrich die muslimischen Mitbürger in Deutschland willkommen heißt, den Islam aber nicht. Die Menschen akzeptieren, die Religion, der sie angehören aber nicht, das funktioniert nur, wenn diese Menschen ihre Religion aufgeben. Heißt Herr Friedrich die Muslime also willkommen mit einem Bier in der einen und einer Bockwurst in der anderen Hand?
Die Aussage ist dumm und ihre Dummheit fußt auf Ignoranz. Die Millionen deutscher Muslime halten vor roten Ampeln, geben ihre Steuererklärungen ab und stehen in Supermärkten geduldig in der Schlange, deshalb sind sie gern gesehen.
Islam bedeutet aber Zwangsehen, Verschleierung, Heiliger Krieg, Terrorismus und Steinigung. So etwas hat selbstverständlich keinen Platz in Deutschland.

Deutschland ist eben ein Land, das sich nur widerstrebend von etablierten Vorstellungen löst. So sind die meisten deutschen Muslime türkischer Herkunft, aber der Gedanke, dass die Nachkommen ehemaliger Gastarbeiter längst Deutsche sind, setzt sich nur quälend langsam durch.
Peinlich, dass der deutsche Nationalspieler Mesut Özil letztes Jahr mit einem Integrationsbambi geehrt wurde. Mesut Özil wurde in Gelsenkirchen geboren, schon sein Vater war noch ein Knabe, als er nach Deutschland kam. In Spanien, bei Real Madrid, wo Mesut Özil jetzt spielt, muss er sich integrieren, nur in Deutschland, da musste er es ganz gewiss nicht.

Seit zehn Jahren, seit den Anschlägen vom 11. September, setzt man sich in Deutschland mit dem Thema Islam auseinander. Vorher war die Sharia ein Begriff, der Islamwissenschaftlern vorbehalten war, sogar Peter Scholl-Latour, der intime Kenner von allem, was von Relevanz für eine Talkshow ist, verwendete ihn nie. Ein halbes Dutzend Spiegel, Focus- und Stern-Sondernummern über den Islam später glaubt jeder zu wissen, was Sharia bedeutet, nämlich Frauen unters Kopftuch zwingen, Dieben die Hand abschlagen, Ehebrecher zu steinigen und Ungläubigen den Kopf abschlagen. Kein Wunder, dass es die vorherrschende Meinung ist, dass Islam und deutsches Grundgesetz miteinander unvereinbar sind.

Es wird wahrscheinlich so lange dauern, bis wir realisiert haben, dass die meisten Türken in Deutschland einen Perso im Portemonnaie haben, ehe es uns auffällt, dass es vier Millionen Muslime in Deutschland gibt, denen es keine Probleme bereitet ihre Religion und das deutsche Grundgesetz miteinander in Einklang zu bringen.

Montag, 14. März 2011

Atomkraft - Die Geisterdebatte

„Die deutschen Atomkraftwerke sind die sichersten der Welt.“
„Atomkraftwerke sind tickende Zeitbomben.“
„Das Restrisiko ist nur eine mathematische Größe.“
„Die Technik ist vom Menschen nicht zu beherrschen.“

Man hatte diese Diskussion, das Abfeuern leerer Worthülsen hüben wie drüben, mit dem beschlossenen Atomausstieg fast verdrängt gehabt. Dann hat die Laufzeitverlängerung der derzeitigen Koalition die schlafenden Hunde wieder geweckt und seit Japan am Rande einer atomaren Katastrophe balanciert, werden die Phrasen wieder aus allen Rohren abgefeuert.

Ausgerechnet Umweltminister Norbert Röttgen hat keine Lust mitzuspielen. Der Mann, der nie den Eindruck gemacht hat, als sähe er sich zum Umweltminister berufen und der auch für die beschlossene Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken keine Begeisterung entwickelte, will nicht über die strengsten Sicherheitsstandards der Welt, die sichersten Atomkraftwerke reden.

Die Grünen haben mit Begeisterung ihre „Atomkraft – Nein, danke!“ – Buttons entstaubt, die FDP hatte die „Deutsche Atomkraftwerke sind sicher“ – Gebetsmühlen in Stellung gebracht und der Kanzlerin hat jemand einen vergilbten Spickzettel zugesteckt auf dem steht: „Entweder die sichere deutsche Atomenergie oder die ganz furchtbar unsichere französische.“ Der SPD tun schon die Knochen weh, so sehr klopft Herr Gabriel der Partei für den damals ausgehandelten Atomausstieg auf die Schulter.

Nur der Umweltminister verweigert sich dem reichhaltigen Arsenal abgedroschener Phrasen. Er will die Atomenergie von Grund auf neu denken. Er will darüber nachdenken was Sicherheit ist, das Kampfargument „Restrisiko“ wieder zu einem Begriff mit Inhalt machen und vom gefühlten Atomkonsens zu einem echten, gesellschaftlichen Konsens kommen.

In der Debatte, die der Mensch Norbert Röttgen wohl alleine mit dem Umweltminister Norbert Röttgen unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen wird, gibt es im Grunde nur zwei elementare Fragen zu beantworten.

Die eine Frage ist eine Gewissensfrage: Wenn jeder Super-GAU unvermeidbar in einer Katastrophe kleineren oder größeren Ausmaßes mündet, müsste die Atomtechnik absolut sicher sein, um sie einzusetzen. Besteht aber ein Restrisiko – und sei es auch nur mathematisch – muss man entweder auf die Atomenergie verzichten oder man muss eine mögliche atomare Katastrophe bewusst in Kauf nehmen.

Die andere Frage ist: Selbst wenn es jetzt ein Endlager für den Atommüll dieser und vergangener Generationen gäbe, so muss die strahlende Hinterlassenschaft dauerhaft gehegt und kontrolliert werden, was Geld kostet und kosten wird. Angesichts der Folgekosten der Atomenergie, die über Jahrhunderte gezahlt werden müssen, ist die Atomenergie wirklich lukrativ? Und, ist es eigentlich vertretbar, dass sich hunderte kommende Generationen mit den Folgen des Energiekonsums dieser Generation auseinander setzen müssen?

Sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, wäre auf jeden Fall lohnender als immer wieder aufs Neue zu Behaupten, dass Ingenieure in Kernkraftwerken nicht wissen was sie tun oder so zu tun, als sei Kernschmelze ein Phänomen, das immer nur anderen passieren kann.

Montag, 28. Februar 2011

Minister auf Abruf


Es wird peinlich werden, das ist jetzt schon abzusehen. Die Kanzlerin, die CDU und Verteidigungsminister Freiherr von und zu Guttenberg haben sich in eine Lage manövriert, aus der es nur einen einigermaßen glimpflichen Ausweg gibt: Die Prüfungskommission der Universität Bayreuth müsste zu dem Ergebnis gelangen, dass anhand der Doktorarbeit des Freiherrn von und zu Guttenberg keine eindeutige Täuschungsabsicht nachzuweisen ist.
Es wäre ein Freispruch zweiter Klasse, aber es wäre immerhin ein Freispruch. Angesichts der Beliebtheitswerte des Verteidigungsministers würde er reichen, um ihn im Amt zu halten.

Theoretisch liegt ein solcher Freispruch für Herrn Freiherr von und zu Guttenberg im Bereich des Machbaren. Es ist schwer möglich jemandem nachzuweisen, dass er es vorsätzlich und nicht nur fahrlässig unterlassen hat Zitate als solche kenntlich zu machen.
Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Prüfungskommission so urteilen wird. Die Anzahl der verdächtigen Stellen ist zu erdrückend, zu pikant ist die abgeschriebene Passage in der Einleitung der Doktorarbeit, wo es eigentlich keinen Anlass zum Zitieren gibt.
Zudem ist die Universität Bayreuth ohnehin schon unter Druck, weil die Rhön Klinikum AG, von der damals 26% der Aktien der Familie von und zu Guttenberg gehörten, einen Lehrstuhl an der Universität mit finanziert hat, so dass schon die Rede vom gekauften Doktortitel ist, zum anderen ist sie in der Kritik, weil die Universität Bayreuth zwar zunächst den Doktortitel aufgrund wissenschaftlicher Mängel aberkannte, aber den Täuschungsvorwurf nicht untersucht hatte. Die Aberkennung erfolgte nach dem allgemeinen Verwaltungsrecht und nicht nach der einschlägigen Promotionsordung.

Die Verteidigungsstrategie des Freiherrn von und zu Guttenberg kann das Unvermeidliche nur hinaus zögern und selbst wenn er Erfolg hätte, so wäre er politisch de facto entmündigt. Nicht, dass diese Aussicht für die Kanzlerin und den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer nicht einen gewissen Reiz in sich birgt.
Tatsächlich sind aber auch die Kanzlerin und die CDU durch die Affäre bereits beschädigt. Vielleicht sollte der Ausspruch von Frau Merkel, sie habe keinen wissenschaftlichen Assistenten berufen, sondern einen Verteidigungsminister, flapsig sein oder humorig, jedenfalls ist er ein Rohrkrepierer.
Doktoranden aus ganz Deutschland reagierten empört einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin und forderten Respekt für wissenschaftliches Arbeiten ein. Dass Wissenschaftler von der Kanzlerin, die die Bildungsrepublik stets im Mund führt, Respekt für ihre Arbeit einfordern müssen, wird noch auf Frau Merkel zurückfallen.
Bild: www.zuguttenberg.de
Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder wurde in der Sendung Berlin direkt mit einem eigenen Zitat aus dem Jahr 2007 konfrontiert. Damals wollte Herr Kauder nicht von Milde für Dopingsünder wissen. Beim Versuch zu erklären, warum Herr Freiherr von und zu Guttenberg nicht mit einem Dopingsünder verglichen werden könne, lieferte er unfreiwillig eine sehr gute Begründung dafür, warum das Vergehen des Verteidigungsministers keine Bagatelle ist.

Am Ende aller Erklärungen steht immer steht immer eine Person des öffentlichen Lebens, die sich des Betrugs schuldig gemacht hat, indem sie behauptet hat eine Leistung eigenständig vollbracht zu haben, die sich als ein Flickenteppich fremder Leistungen entpuppt. Dies solange zu verdrängen, bis das Offenkundige offiziell verkündet ist, wird die Peinlichkeit für alle Beteiligten am Ende nur umso größer werden lassen. Schon jetzt ist der Freiherr von und zu Guttenberg nur ein Minister auf Abruf.


Sonntag, 13. Februar 2011

Das 5 Euro Gesetz


Gescheitert sind weniger die Verhandlungen um ein neues Hartz IV-Gesetz als vielmehr der Versuch ein gesellschaftliches Problem zu verwalten.

Vorgeblich forderte das Verfassungsgericht die Politik auf die Regelsätze von Hartz IV nachvollziehbar und transparent zu berechnen. Tatsächlich war das Urteil eine Aufforderung generell darüber nachzudenken, wie die Fürsorge des Staates für die Schwächsten der Gesellschaft aussehen soll.
Schließlich forderte das Verfassungsgericht nicht nur eine nachvollziehbare Berechnung der Regelsätze, sondern mahnte auch an, dass die Möglichkeit  von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben stärker berücksichtigt werden müsse.

Dem Urteil des Verfassungsgerichtes hätte eine gesellschaftliche und politische Diskussion darüber folgen müssen, wie arm die Armen in Deutschland sein dürfen, welchen Mindestlebensstandard will die deutsche Gesellschaft gewähren?
Eben diese Diskussion ist durch den FDP-Vorsitzenden, Guido Westerwelle, abgewürgt worden. Seine berüchtigten Aussagen über „römische Dekadenz“ und „leistungslosen Wohlstand“ haben ihm und seiner Partei geschadet, aber sie haben auch eine sachliche Diskussion unmöglich gemacht.
Die CDU und die zuständige Sozialministerin, Ursula von der Leyen, hatten ebenfalls kein Interesse an einer gesellschaftlichen Diskussion. Es ist charakteristisch für die augenblickliche CDU, dass sie keine klaren Positionen und keine Zukunftsvisionen hat (Ausnahme ist vielleicht die Pränatal Diagnostik). Das Sozialministerium hat lange gewartet, bis die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 des statistischen Bundesamtes vorlag, die es zur Berechnung der Regelsätze heranzog (allerdings wurden nur die unteren 20 Prozent  mit einem Durchschnittsnettoeinkommen von 900 € berücksichtigt).

Den zu erwartenden Aufschrei der Empörung über die Erhöhung von fünf Euro hat man billigend in Kauf genommen. Gerade das Festhalten an diesem eher symbolischen Betrag sollte suggerieren, dass man eine strenge, nüchterne Berechnung aufgrund neuester, vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Zahlen angestellt habe und dies nun einmal das Ergebnis der vom Verfassungsgericht geforderten Neuberechnung der Regelsätze sei.

Hätte die CDU nicht die Landtagswahl in Nordrhein Westfalen verloren, sie wäre vielleicht damit durchgekommen einem Urteil von gesellschaftspolitischer Dimension durch einen bloßen Verwaltungsakt nachzukommen. Zwar hatten Opposition und Wohlfahrtsverbände angekündigt, sie würden bei Inkrafttreten der Hartz IV-Gesetze wieder das Bundesverfassungsgericht anrufen, aber ob das Gericht das nachgebesserte Gesetz abermals für nichtig erklärt hätte, ist fraglich.
Es hätte bei einer weiteren Verhandlung entscheiden können, dass das neue Gesetz zwar nicht dem Geist des vorangegangenen Entscheids entspräche, den Vorgaben aber formal entspräche und damit Verfassungsgemäß sei. Das Verfassungsgericht ist schließlich nicht dazu da die Qualität eines Gesetzes zu bewerten, sondern einzig ob es in Einklang mit der Verfassung steht.

Jetzt, wo der Gesetzesentwurf der Regierung im ersten Anlauf gescheitert ist, könnte man das Versäumte nachholen. Jetzt könnte es eine Diskussion darüber geben, was für einen Lebensstandart eine reiche Industrienation, Exportweltmeister, den weniger glücklichen Mitgliedern seiner Gesellschaft gönnt.
Wie soll eine gesellschaftliche Teilhabe der Unterprivilegierten aussehen, wie kann man sie sicherstellten? Macht ein Bildungspaket wirklich Sinn oder sollte man das Geld in bestehende Bildungseinrichtungen investieren?

Die Diskussion müsste aber noch grundsätzlicher geführt werden. Ist ein Hartz IV-Empfänger per se Mitglied bildungsferner Schichten? Die Begriffe werden bereits synonym verwendet. Kann es eine hoch technisierte Industrienation ohne Langzeitarbeitslose geben und wenn es sie nicht geben kann, mit welcher Begründung halten wir diese dann am Existenzminimum? Was unterscheidet einen Leih- oder Zeitarbeiter eigentlich von einem Sklaven? Wer zahlt die Folgen des zunehmenden Niedriglohnsektors, wenn die 6-Euro Putzfrauen und die 4-Euro Friseusen eine Rente beziehen werden, die zum Leben nicht reicht?

Man könnte über all das reden und dann, wenn es zu einem langfristig tragfähigen, gesellschaftlichen Konsens gekommen ist, ein neues Gesetz erarbeiten. Das könnte man machen oder man könnte sofort nach gescheiterten Verhandlungen den Vermittlungsausschuss anrufen, der einen weiteren Anlauf nimmt einen schlechten Gesetzesentwurf nachzubessern.    

Samstag, 12. Februar 2011

Keiner weiß über iranische Katzen bescheid

Den Musikern Ashkan und Negar ist ein Auftritt in London zugesagt worden. Für jeden jungen, iranischen Musiker wäre das eine große Chance. Für Ashkan und Negar ist die Sache etwas komplizierter, die Gelegenheit noch wertvoller.

Der iranische Staat hat gelinde gesagt ein gespaltenes Verhältnis zur Musik. Einerseits hat Staatschef Ali Khamenei erst kürzlich wieder den verderblichen Einfluss von Musik gegeißelt, andererseits werden traditionellen Musiker wie Mohammad Reza Shajarian verehrt.
Als Shajarian nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen dem staatlichen Rundfunk untersagte weiter seine Musik zu spielen, war das ein Politikum ersten Ranges und ein weiterer schwerer Schlag für den angezählten Präsidenten.

Ashkan und Negar spielen aber nicht die Tar oder Daf, sondern Keyboard und Gitarre, machen keine traditionell iranische Musik, sondern Rock. Westliche Popmusik gilt den Machthabern im Iran vielleicht noch nicht als Abgrund der Dekadenz, aber sie ist nur ein paar Schritte davon entfernt.
Erschwerend kommt hinzu, dass es Negar als Frau verboten ist öffentlich zu singen. Auf legalem Wege werden die beiden kein Visum bekommen, um in England Konzerte zu geben.
Um doch noch in London auftreten zu können, brauchen Ashkan und Negar neben handgemachten Pässen noch eine neue Band. Ihre alte hatte sich aufgelöst und in alle Winde zerstreut, während die beiden nach einem illegalen Konzert eine Haftstrafe verbüßen mussten.
Des Rätsels Lösung ist der Bootlegger, Manager und Schwarzmarkthändler Nader. Er kennt jeden und alles und hilft ihnen eine neue Band zu rekrutieren, verschafft ihnen neue Pässe und Visa, jedenfalls verspricht er es vollmundig.


Der Titel Keiner weiß über iranische Katzen bescheid ist eine Anspielung auf ein Gesetz im Iran, das es verbietet mit Hunden oder Katzen auf die Straße zu gehen. Sie werden als unrein angesehen und gelten als Zeichen westlicher Dekadenz, so wie auch westliche Musik als dekadent gilt und nicht öffentlich gespielt werden darf.

So ist Keiner weiß über iranische Katzen bescheid ein Roadmovie durch die ebenso illegale wie bewegte Musikszene Teherans, das aber nicht durch Straßen und Landschaften führt, sondern auf Dächer, in Keller, Wohnzimmer, Hinterhöfe und sogar Kuhställe. Dabei begegnen Ashkan und Negar klassischen Sänger/Songwriter, iranischen Indierockbands, Heavy Metalbands und Rappern.
Die offizielle islamische Kultur liegt auf dem Land wie ein Betondeckel, aber die Freiheit nutzt jeden Riss und noch den kleinsten Spalt, um sich Luft zu verschaffen.

Allein die Existenz eines Films wie Keiner weiß über iranische Katzen bescheid ist ein kleiner Sieg der Kunst. Regisseur Bahman Ghorbadi stellte schon bei den Arbeiten am Drehbuch fest, dass er für diesen Film niemals eine Drehgenehmigung erhalten würde und versuchte es gar nicht erst. Alle Szenen wurden illegal gedreht und das, obwohl der Film viele Außenaufnahmen vorsieht.
Keine Drehgenehmigung, kaum Budget, zum Teil Laiendarsteller, viel Improvisation und trotzdem ein handwerklich gut gemachter Film mit guten Darstellern und noch besserem Sound, belohnt mit dem Spezialpreis der Jury der Filmfestspiele in Cannes 2009.



No one knows about persian cats - Kasi az Gorbehaye Irani Khabar Nadareh
Regie und Buch: Bahman Ghorbadi
Negar: Negar Shaghaghi
Ashkan: Ashkan Kooshanejad
Nader: Hamed Behdad
103 Minuten. Persisch mit englischen Untertiteln.