Samstag, 12. Februar 2011

Keiner weiß über iranische Katzen bescheid

Den Musikern Ashkan und Negar ist ein Auftritt in London zugesagt worden. Für jeden jungen, iranischen Musiker wäre das eine große Chance. Für Ashkan und Negar ist die Sache etwas komplizierter, die Gelegenheit noch wertvoller.

Der iranische Staat hat gelinde gesagt ein gespaltenes Verhältnis zur Musik. Einerseits hat Staatschef Ali Khamenei erst kürzlich wieder den verderblichen Einfluss von Musik gegeißelt, andererseits werden traditionellen Musiker wie Mohammad Reza Shajarian verehrt.
Als Shajarian nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen dem staatlichen Rundfunk untersagte weiter seine Musik zu spielen, war das ein Politikum ersten Ranges und ein weiterer schwerer Schlag für den angezählten Präsidenten.

Ashkan und Negar spielen aber nicht die Tar oder Daf, sondern Keyboard und Gitarre, machen keine traditionell iranische Musik, sondern Rock. Westliche Popmusik gilt den Machthabern im Iran vielleicht noch nicht als Abgrund der Dekadenz, aber sie ist nur ein paar Schritte davon entfernt.
Erschwerend kommt hinzu, dass es Negar als Frau verboten ist öffentlich zu singen. Auf legalem Wege werden die beiden kein Visum bekommen, um in England Konzerte zu geben.
Um doch noch in London auftreten zu können, brauchen Ashkan und Negar neben handgemachten Pässen noch eine neue Band. Ihre alte hatte sich aufgelöst und in alle Winde zerstreut, während die beiden nach einem illegalen Konzert eine Haftstrafe verbüßen mussten.
Des Rätsels Lösung ist der Bootlegger, Manager und Schwarzmarkthändler Nader. Er kennt jeden und alles und hilft ihnen eine neue Band zu rekrutieren, verschafft ihnen neue Pässe und Visa, jedenfalls verspricht er es vollmundig.


Der Titel Keiner weiß über iranische Katzen bescheid ist eine Anspielung auf ein Gesetz im Iran, das es verbietet mit Hunden oder Katzen auf die Straße zu gehen. Sie werden als unrein angesehen und gelten als Zeichen westlicher Dekadenz, so wie auch westliche Musik als dekadent gilt und nicht öffentlich gespielt werden darf.

So ist Keiner weiß über iranische Katzen bescheid ein Roadmovie durch die ebenso illegale wie bewegte Musikszene Teherans, das aber nicht durch Straßen und Landschaften führt, sondern auf Dächer, in Keller, Wohnzimmer, Hinterhöfe und sogar Kuhställe. Dabei begegnen Ashkan und Negar klassischen Sänger/Songwriter, iranischen Indierockbands, Heavy Metalbands und Rappern.
Die offizielle islamische Kultur liegt auf dem Land wie ein Betondeckel, aber die Freiheit nutzt jeden Riss und noch den kleinsten Spalt, um sich Luft zu verschaffen.

Allein die Existenz eines Films wie Keiner weiß über iranische Katzen bescheid ist ein kleiner Sieg der Kunst. Regisseur Bahman Ghorbadi stellte schon bei den Arbeiten am Drehbuch fest, dass er für diesen Film niemals eine Drehgenehmigung erhalten würde und versuchte es gar nicht erst. Alle Szenen wurden illegal gedreht und das, obwohl der Film viele Außenaufnahmen vorsieht.
Keine Drehgenehmigung, kaum Budget, zum Teil Laiendarsteller, viel Improvisation und trotzdem ein handwerklich gut gemachter Film mit guten Darstellern und noch besserem Sound, belohnt mit dem Spezialpreis der Jury der Filmfestspiele in Cannes 2009.



No one knows about persian cats - Kasi az Gorbehaye Irani Khabar Nadareh
Regie und Buch: Bahman Ghorbadi
Negar: Negar Shaghaghi
Ashkan: Ashkan Kooshanejad
Nader: Hamed Behdad
103 Minuten. Persisch mit englischen Untertiteln.

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